Autor: Schillmann, Hermann, Jütting, Wübbe Ulrich, Weber, Hugo, Lange, Karl
Auflagennummer (WdK): 6
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
12
Plötzlich nach Wittenberg zurück. Dort gelang es denn auch der Macht
seiner Predigt, die Ordnung bald wieder herzustellen.
3. Luther und Melanchthon.
Es war für die Reformation von großem Segen, daß Luther einen
Freund fand, der ihm in seiner Arbeit treu zur Seite stand. Das war
Philipp Melanchthon, ein sehr gelehrter und dabei milder und ruhiger
Mann. Schon als 21jähriger Jüngling wurde er Professor in Witten-
berg. Tausende von Schülern versammelten sich um ihn, und sein Ruhm
war bald so hoch gestiegen, daß mau ihn den Lehrer Deutschlands
nannte. Dieser Mann schloß sich mit ganzem Herzen Luther und seiner
Sache an. Sein tiefes Wissen und seine vortrefflichen Schriften förderten
die neue Lehre, und wenn Luther einmal allzufeurig dareinfahreu wollte,
so mäßigte ihn der besonnene Rat des sanften Melanchthon. —
Beide Männer waren nun eifrig thätig, die Reformation ins Leben
einzuführen. Die Mißbräuche der Kirche wurden beseitigt, die lateinische
Messe wurde abgeschafft, den Mönchen Freiheit erteilt, die Klöster zu ver-
lassen, den Geistlichen erlaubt, in die Ehe zu treten. Luther selbst legte die
Mönchskutte ab und verheiratete sich mit Katharina von Bora, einer
tugendhaften Jungfrau, die früher Nonne gewesen war. Für den neuen
evangelischen Gottesdienst besorgte Luther ein Gesangbuch; er selbst
dichtete schöne Lieder, wie z. B. Ein' feste Burg ist unser Gott. Für
den Unterricht im Christentume schrieb er einen trefflichen Katechismus.
Den Gemeinden wurden tüchtige Prediger des Evangeliums gestellt, auch
wurde mit vielem Eifer für Errichtung von Schulen gesorgt. Bald hatte
sich die Reformation nicht nur in Sachsen befestigt, sie fand auch in vielen
anderen Gegenden Deutschlands Eingang bei Fürsten und Volk und ver-
breitete sich auch nach anderen Ländern.
4. Luthers Tod.
Luther betete und arbeitete für sein großes Werk bis an sein Ende.
Unablässig riet er zum Frieden, damit sich um seiner Lehre willen kein
Krieg entzündete. Das ist denn auch nicht geschehen, so lange er lebte.
Durch die angestrengte Arbeit war sein Körper endlich schwach und
gebrechlich geworden. Obgleich schmerzhafte Krankheit ihn niederbeugte,
reiste er doch mitten im Winter 1546 nach Eisleben, um zwei feindliche
Brüder zu versöhnen. Dort, in seiner Geburtsstadt, starb er am 18. Februar.
Seine letzten Worte waren: „Vater, in deine Hände befehle ich meinen
Geist; du hast mich erlöset, du mein getreuer Gott." Seine Leiche wurde,
von vielen trauernden Menschen begleitet, nach Wittenberg gebracht und
mit großen Feierlichkeiten in der Schloßkirche bestattet. Tausende weinten
au seinem Grabe. Andrä.
4. Luther beim Tode seines Töchterleins.
Magdalenchen, das liebe Töchterlein des frommen Mannes Luther,
lag einstmals sehr krank danieder. Das betrübte den Vater tief, und er
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Extrahierte Personennamen: Melanchthon Philipp_Melanchthon Philipp Melanchthon Katharina_von_Bora
Autor: Schillmann, Hermann, Jütting, Wübbe Ulrich, Weber, Hugo, Lange, Karl
Auflagennummer (WdK): 6
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Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
14
Frondienst leisten, d. h. für ihre Gutsherren mehrere Tage in der
Woche ohne Lohn mit Weib und Kind arbeiten; auch wurden sie
zugleich vom Landesherrn mit schweren, drückenden Abgaben belastet.
Sie hatten schon mehrmals versucht, das Joch abzuschütteln, aber es
war ihnen nicht gelungen. Als nun Luther von der christlichen
Freiheit predigte, verstanden die Bauern diese falsch. Sie scharten
sich zusammen, um die Freiheit von Abgaben und Frondiensten
mit Gewalt zu erzwingen.
Luther ermahnte zwar die Bauern zum Gehorsam und die
Herren zur Milde, aber die Empörung brach trotzdem in Franken,
Schwaben und Thüringen ans. Kloster und Kirchen, Burgen und
Schlösser wurden geplündert und das Land gar arg verwüstet. Jeder
Ritter und Adelige, welcher den wütenden Bauern in die Hände
fiel, wurde gespießt oder enthauptet, und nicht anders verfuhren die
Herren mit den Bauern. Als Luther sah, daß er mit sanften Worten
nichts mehr ausrichtete, erließ er eine Streitschrift „wider die räu-
berischen und mörderischen Bauern", aber diese wollten aus keine
vernünftige Vorstellung mehr hören.
In Thüringen stellte sich an die Spitze der Empörung Thomas
Münzer, ein Schüler Luthers. Dieser schwärmerische Mann war
früher Weltpriester in Zwickau gewesen, aber wegen seiner aufrühre-
rischen Reden von dort vertrieben worden. Er rühmte sich einer
besonderen Offenbarung Gottes, durch welche ihm die christliche Frei-
heit viel klarer geworden sei als Luther. Man müsse ein neues
christliches Reich gründen, in welchem völlige Gleichheit herrsche und
alle Güter gemeinschaftlich seien; in diesem Reiche dürfe es keinen
Unterschied zwischen arm und reich geben. Diese Lehre gefiel dem
gemeinen Volke sehr wohl. Es wollte die Fürsten und Obrigkeiten,
den Adel und die Geistlichkeit abschaffen, mit den Reichen teilen und
des lästigen Arbeitens enthoben sein. Vorzüglich waren es die
Bauern, die sich zu diesem neuen Propheten hielten. Unter seiner
Anführung zogen sie von Stadt zu Stadt, von Dorf zu Dorf und
verwüsteten und zerstörten alles mit Feuer und Schwert.
Die Not war groß; doch die Fürsten rüsteten sich, der Em-
pörung Einhalt zu thun. Sie ließen ihr Heer gegen Franken-
hausen aufbrechen, wo die Bauern auf einem Berge ihr Feldlager
aufgeschlagen und mit einer Wagenburg befestigt hatten. Um nichts
unversucht zu lassen, schickten die Fürsten einen Edelknaben an sie
ab, der ihnen Gnade anbieten sollte, wenn sie friedlich auseinander
gingen und die Rädelsführer auslieferten. Da erschrak Münzer über
die Gefahr, in welcher er schwebte, hielt eine feurige Rede an die
Bauern, die er damit schloß, es möchte sich nur keiner fürchten vor
den Kugeln der Feinde, die würde er alle mit seinem Ärmel auf-
fangen, und wer in der vordersten Reihe niedergeschossen würde, der
stünde in der hintersten wieder aus. Ihm sehr zu gelegener Zeit
entstand gerade ein Regenbogen am Himmel. „Seht!" schrie er,
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Auflagennummer (WdK): 6
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Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
17
der Armee, von emer überlegenen, handfesten Menge umgeben, was
blieb ihm übrig, als sich in Geduld zu fassen und, auf welche Be-
dingung es auch sei, die beleidigte Dame zu versöhnen. Heinrich
von Braunschweig faßte sich zuerst und brach in ein lautes Gelächter
aus. Er ergriff den vernünftigen Ausweg, den ganzen Vorgang ins
Lustige zu kehren, und hielt der Gräfin eine große Lobrede über ihre
landesmütterliche Sorgfalt und den entschlossenen Mut, den sie be-
wiesen. Er bat sie, sich ruhig zu verhalten, und nahm es auf sich,
den Herzog von Alba zu allem, was billig sei, zu vermögen. Auch
brachte er es bei dem letzteren wirklich dahin, daß er auf der Stelle
einen Befehl an die Armee ausfertigte, das geraubte Vieh den
Eigentümern ohne Verzug wieder auszuliefern. Sobald die Gräfin
von Schwarzburg der Zurückgabe gewiß war, bedankte sie sich aufs
schönste bei ihren Gästen, die sehr höflich von ihr Abschied nahmen.
Schiller.
9. Der Pilgrim vor St. Just.
1. Nacht ist's, und Stürme sausen für und für,
hispan'sche Mönche, schließt mir auf die Thür!
2. Laßt hier mich ruh'n, bis Glockenton mich weckt,
der zum Gebet euch in die Kirche schreckt!
3. Bereitet mir, was euer Haus vermag,
ein Ordenskleid und einen Sarkophag!
4. Gönnt mir die kleine Zelle, weiht mich ein!
Mehr als die Hälfte dieser Welt war mein.
5. Das Haupt, das nun der Schere sich bequemt,
mit mancher Krone ward's bediademt.
6. Die Schulter, die der Kutte nun sich bückt,
hat kaiserlicher Hermelin geschmückt.
7. Nun bin ich vor dem Tod den Toten gleich
und fall' in Trümmer wie das alte Reich. v. Platcn.
19. Wallenstein vor Stralsund.
1. Im Schatten einer Eiche
ist Friedlands Zelt erbaut;
es schüttelt ihre Zweige
die alte Riesin laut.
2. Umhüllt vom Purpurkleide
im Zelt der Herzog sitzt,
viel goldenes Geschmeide
an Hals und Brust ihm sitzt.
Vaterland 11.
(1628.)
3. Doch finster hat zur Erde
sein Auge sich gewandt,
die Rechte mit dem Schwerte
durchgräht des Bodens Sand.
4. Es sitzet ihm zur Seite
Arnim, der Feldmarsch all,
des Blick schweift in die Weite
hin nach der Festung Wall,
2
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Extrahierte Personennamen: Heinrich
von_Braunschweig Heinrich Schiller
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19
27. Abzieh’n wir von der Feste,
sobald der Morgen graut!“
Da rauscht es durch die Äste
wie heller Jubellaut.
28. Noch steht die Herzogseiche.
Da sammelt jedes Jahr
im Schatten ihrer Zweige
sich froh der Bürger Schar.
Günther.
11. Die Zerstörung von Magdeburg.
Am 30. März 1631 erschien Tilly vor den Thoren Magdeburgs,
um von jetzt an die Belagerung der Stadt mit Eifer zu betreiben,- aber
auch Gustav Adolf rückte mit seinem Heere der bedrängten Stadt immer
näher, und Tilly entsagte schon der Hoffnung, sich noch vor der Ankunft
der Schweden der Stadt bemeistern zu können, da noch keine Bresche
geschossen war und die Festungswerke kaum beschädigt waren. Er beschloß
schon, sein Lager aufzuheben, zuvor aber noch einen Generalsturm zu wagen.
An vier Orten zugleich sollte der Angriff geschehen; die ganze Nacht zwischen
dem 9. und 10. Mai wurde mit den nötigen Anstalten zugebracht. Alles
war in Bereitschaft und erwartete, der Abrede gemäß, früh um 5 Uhr das
Zeichen mit den Kanonen. Dieses erfolgte aber erst zwei Stunden später,
indem Tilly, noch immer zweifelhaft wegen des Erfolges, noch einmal den
Kriegsrat versammelt hatte. Pappenheim wurde beordert, aus die neu-
städtischen Werke den Angriff zu thun; ein abhängiger Wall und ein trock-
ner, nicht allzutiefer Graben kamen ihm dabei zu statten. Der größte
Teil der Bürger und Soldaten hatte die Wälle verlassen, und die wenigen
Zurückgebliebenen fesselte der Schlaf. So wurde es diesem General nicht
schwer, sogleich den Wall zu ersteigen.
Falkenberg, der Kommandant der Stadt, aufgeschreckt durch das
Knallen des Musketenfeuers, eilte von dem Rathanse, wo er eben beschäftigt
war, den zweiten Trompeter des Tilly abzufertigen, mit einer zusammen-
gerafften Mannschaft nach dem neustädtischen Thore, das der Feind schon
überwältigt hatte. Hier zurückgeschlagen, flog dieser tapfere General nach einer
andern Seite, wo eine zweite feindliche Partei schon im Begriffe war, die
Werke zu ersteigen. Umsonst ist sein Widerstand; schon zu Anfange des
Gefechts strecken die feindlichen Kugeln ihn zu Boden. Das heftige Mus-
ketenfeuer, das Lärmen der Sturmglocken, das überhandnehmende Getöse
machen endlich den erwachenden Bürgern die drohende Gefahr bekannt.
Eilfertig werfen sie sich in ihre Kleider, greifen zum Gewehr und stürzen
in blinder Betäubung dem Feinde entgegen. Noch war Hoffnung übrig, ihn
zurückzutreiben, aber der Kommandant getötet, kein Plan im Angriffe,
keine Reiterei, in seine verwirrten Glieder einzubrechen, endlich kein Pulver
mehr, das Feuer fortzusetzen. Zwei andere Thore, bis jetzt noch unangegriffen,
werden von den Verteidigern entblößt, um der dringenden Not in der Stadt
zu begegnen. Schnell benutzt der Feind die dadurch entstandene Verwirrung,
um auch diesen Posten anzugreifen. Der Widerstand ist lebhaft und hart-
näckig, bis endlich vier kaiserliche Regimenter, des Walles Meister, den
Magdeburgern in den Rücken fallen und so ihre Niederlage vollenden. Ein
2*
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Extrahierte Personennamen: Günther Tilly Gustav_Adolf Gustav Adolf Tilly Tilly Pappenheim Falkenberg
Autor: Schillmann, Hermann, Jütting, Wübbe Ulrich, Weber, Hugo, Lange, Karl
Auflagennummer (WdK): 6
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Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
20
tapferer Kapitän, Namens Schmidt, der in dieser allgemeinen Verwirrung
die Entschlossensten noch einmal gegen den Feind führt und glücklich genug
ist, ihn bis an das Thor zurückzutreiben, fällt tödlich verwundet, Magde-
burgs letzte Hoffnung mit ihm. Alle Werke sind noch vor Mittag erobert,
die Stadt ist in Feindes Händen.
Zwei Thore werden jetzt von den Stürmenden der Hauptarmee ge-
öffnet, und Tilly läßt einen Teil seines Fußvolkes einmarschieren. Es
besetzt sogleich die Hauptstraßen, und das aufgepflanzte Geschütz scheucht
alle Bürger in ihre Wohnungen, dort ihr Schicksal zu erwarten. Der
Soldat stürzte in das Innere der Häuser, um ungebunden der Raubsucht
und Plünderung sich hinzugeben. Vor manchem deutschen Ohre fand die
flehende Unschuld Erbarmen, keines vor dem tauben Grimme der Wallonen
aus Pappenheims Heere. Eine Würgescene fing jetzt an, für welche die
Geschichte keine Sprache und der Maler keinen Pinsel hat. Nicht die
schuldfreie Kindheit, nicht das hilflose Alter, nicht Jugend, nicht Geschlecht,
nicht Stand, nicht Schönheit konnten die Wut des Siegers entwaffnen. Die
Kroaten Tillys und die Wallonen Pappenheims überschritten weit des
Feldherrn strengen Befehl, außer dreistündiger Plünderung sich bei Todes-
strafe keinen anderen Ausschreitungen zu überlassen.
Zu der Wut verwilderter Menschen gesellte sich leider noch die Wut
des Feuers. Es erhob sich ein Sturmwind, der die Flammen mit reißender
Schnelligkeit durch die ganze Stadt verbreitete und den Brand allgemein
machte. Fürchterlich war das Gedränge durch Qualm und Leichen, durch
gezückte Schwerter, durch stürzende Trümmer, durch das strömende Blut.
Die Atmosphäre kochte, und die unerträgliche Glut zwang endlich selbst
die Würger, sich in das Lager zu flüchten. In weniger als zwölf Stunden
lag diese volkreiche, feste, große Stadt, eine der schönsten Deutschlands,
in der Asche, zwei Kirchen und einige Hütten ausgenommen.
Kaum hatte sich die Wut des Brandes gemindert, als die kaiserlichen
Scharen mit erneuertem Hunger zurückkehrten, um unter Schutt und Asche
ihren Raub aufzuwühlen. Manche erstickte der Dampf; viele machten
große Beute, da die Bürger ihr Bestes in die Keller geflüchtet hatten. Am
13. Mai erschien endlich Tilly selbst in der Stadt, nachdem die Hauptstraßen
von Schutt und Leichen gereinigt toaren. Schauderhaft gräßlich, empörend
war die Scene, welche sich jetzt der Menschlichkeit darstellte! Lebende, die
unter den Leichen hervorkrochen, herumirrende Kinder, die mit herz-
zerschneidendem Geschrei ihre Eltern suchten, Säuglinge, die an den toten
Brüsten ihrer Mütter lagen! Mehr als 6000 Leichen mußte man in die
Elbe werfen, um die Gassen zu räumen; eine ungleich größere Menge von
Lebenden und Leichen hatte das Feuer verzehrt; die ganze Zahl der Ge-
töteten wird auf 30 000 angegeben. Gegen 1000 Menschen wurden noch
lebend ans der Domkirche gezogen, wo sie drei Tage und zwei Nächte in
beständiger Todesfurcht und ohne Nahrung zugebracht hatten. Tilly ließ
ihnen Pardonh ankündigen und Brot unter sie verteilen. Den Tag darauf
Z Pardon — Verzeihung, Gnade.
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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22
gegnete er, — „folgt mir!" Bald überzieht Todesblässe sein Gesicht. Ein-
mal, weil er fühlt, daß er sich nicht lange mehr werde im Sattel halten
können, fürs andere, um den Nachfolgenden einen entmutigenden Anblick zu
ersparen, fordert er den Herzog auf, ihn aus einem Umwege aus dem Ge-
tümmel zu führen. Der Versuch wird gemacht. Da aber die Luft erfüllt
ist von Staub und Pulverdampf, und da der Kampf in ein wildes Durch-
einander ausgeartet ist, geschieht es, daß sie unter feindliche Reiterschwärme
geraten. Ein kaiserlicher Offizier schießt sein Pistol auf den König ab;
die Kugel dringt diesem in das Rückgrat ein. „Bruder", sagt nun der
König zu seinem Begleiter, „ich habe genug; suche dein Leben zu retten!"
Der Herzog verläßt den König, der wenige Augenblicke darauf vom Pferde
sinkt, dabei aber mit einem Fuße im Steigbügel hängen bleibt. Das Pferd
wird scheu und schleift den König ein Stück auf dem Boden entlang. Der
Edelknabe jagt ihm nach, springt, als der König am Boden liegen bleibt,
vom Pferde und bietet es ihm an. Indem der König vergebens Versuche
macht, sich aufzurichten, sprengen kaiserliche Reiter herbei, die, ohne den
Verwundeten zu kennen, ihre Pistolen auf ihn abfeuern. Eine Kugel
dringt ihm durch die Schläfe — er ist nicht mehr.
Dem heldenmütigen Bernhard von Weimar war es eben gelungen,
die Gefahr, in die der linke Flügel geraten war, zu beschwören — da jagt
mit fliegender Mähne und aufgerissenen Nüstern das blutige Pferd des
Königs daher.
„Der König ist tot!" Dieser Ruf, der durch die Reihen geht, macht
die Herzen erstarren. Was nun thun? Einzelne werden von Zagen er-
griffen; man hört einige Offiziere sagen, daß, da ohne das Haupt auf den
Sieg nicht zu hoffen, es geraten sei, auf einen geordneten Rückzug zu
denken. Da ruft der heldenmütige Beruhard von Weimar: „Soldaten, unser
Hort ist tot! Für mich hat das Leben keinen Wert mehr, wenn ich seinen
Fall nicht rächen soll. Auf den Feind! Wer den König liebt, beweise seine
Liebe jetzt durch die That!" Dies Wort, von einem Bernhard gesprochen,
entflammt aufs neue die Herzen. „Rächet den König!" das ist der Gegen-
ruf, der sich nun mächtig erhebt. Der Kampf wird nun mit verdoppeltem
Eifer fortgesetzt. Bereits befindet sich ein Heerteil der Kaiserlichen in
wilder Flucht, da kommt Pappenheim, dem Eilboten nachgesandt worden
waren, mit seinen Geschwadern daher und wirft sich dem vordringenden
Feinde entgegen. Von zwei Kugeln durchbohrt, sinkt Pappenheim sterbend
vom Rosse; danach werden seine Kürassiere trotz der tapfersten Gegenwehr
zusammengehauen. Wallenstein, der im dichtesten Kugelregen mit kalter
Entschlossenheit die Schlacht geleitet hat, sieht seine besten Truppen fliehen;
endlich muß auch er auf Rettung denken. Dem siegreichen evangelischen
Heere fallen sämtliche Kanonen der Kaiserlichen in die Hände. In der
Nacht bei Fackelschein gelingt es den Kriegern, die Leiche des geliebten
Königs zu finden.
Es läßt sich ermessen, welch einen Schmerz die Kunde von dem Tode
des Heldenkönigs in dem protestantischen Deutschland und in Schweden her-
vorbrachte. Der Verlust, den die evangelische Welt erlitten hatte, schien
TM Hauptwörter (50): [T16: [Auge Kopf Körper Hand Haar Fuß Gesicht Blut Haut Brust], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
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TM Hauptwörter (200): [T121: [Feind Reiter Pferd Heer Mann Flucht Lager Soldat Seite Reiterei], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T30: [Gustav Schweden Adolf Wallenstein Kaiser Heer Tilly König Krieg Schlacht], T156: [Schlacht Sieg Feind Heer König Mann Kampf Tag Tapferkeit Franzose], T152: [Auge Haar Gesicht Nase Krankheit Körper Mensch Mund Ohr Kopf]]
Extrahierte Personennamen: Bernhard_von_Weimar Bernhard Pappenheim Pappenheim
Extrahierte Ortsnamen: Weimar Deutschland Schweden
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24
2. Aas Zeitalter Kriedrichs des Großen.
15. Der erste Hohenzoller in Brandenburg.
Freudig ward Friedrich I. von den Städten und Ständen
aufgenommen, als er im Sommer des Jahres 1412 in der Mark
erschien. Alle begrüßten ihn als den Retter des Landes, und gern
leisteten sie ihm den Eid der Treue. Er gebot nun sogleich einen
Landfrieden und also auch das Aufhören des wilden Fehdewesens,
und machte es den Rittern zur Pflicht, die Städte und Schlösser,
welche ihnen verpfändet worden waren, gegen Empfang der Pfand-
summe wieder herauszugeben. — Aber Dietrich und Johann von
Quitzow, Kaspar Hans von Putlitz, Wichard von Rochow und Achim
von Bredow, diese fünf verbanden sich gegen den neuen Landesherrn.
„Und wenn es das ganze Jahr Burggrafen vom Himmel regnete,
so sollten sie dennoch in der Mark nicht aufkommen", — sagten sie,
rückten im Bunde mit den Pommern dem neuen Landesherrn ent-
gegen und besiegten ihn. Der Sieg blieb indes ohne Folgen. Ver-
geblich bemühte sich Friedrich, sie durch seine Freundlichkeit und
Herzensgüte zu gewinnen; vergebens bot er ihnen Verzeihung und
sicherte ihnen den Besitz ihrer rechtmäßig erworbenen Güter; sie ver-
harrten bei ihrem Trotze. Da wandte sich Friedrich an den Kaiser.
Der erklärte die Widerspenstigen für Rebellen und sprach die Reichsacht
über sie aus. Noch zögerte der Kurfürst. Als aber die Ritter auch
nun noch nicht aufhörten, die Mark durch ihre Fehden zu verwüsten,
da mußte Friedrich Ernst gebrauchen. Mit vier Heeren rückte er zu
gleicher Zeit vor die Schlösser Friesack, Plaue, Golzow und Bütow.
Das Haupt der Rebellen, Dietrich von Quitzow, befand sich
in Friesack,' und hier leitete Friedrich selbst die Belagerung. Lachend
erwartete Dietrich die Feinde. Friesack war eine der festesten Burgen
in der Mark. Das Mauerwerk, mit vielen starken Türmen ver-
sehen, hatte außerordentliche Stärke. Die Besatzung, mit dem besten
Mute beseelt, schaute mit Vertrauen auf ihren Herrn, der sie so oft
zu Sieg und Beute geführt hatte. Mit Lebensmitteln war man
überreichlich versehen, und so fiel es niemandem in der Burg ein,
daran zu denken, daß eine Eroberung derselben möglich sein könnte.
Am allerwenigsten hatte Dietrich selber einen solchen Gedanken. Ein
Held wie er hätte nach dem bisherigen Laufe der Dinge in einer
solchen Feste einer ganzen Welt getrotzt. — Die Belagerung hatte
begonnen, und die Besatzung befand sich auf ihrem Posten. Da
geschah ein furchtbares Krachen. Die ganze Burg erzitterte; klirrend
zersprangen die Scheiben in den Zimmern; prasselnd fiel der Kalk
von den Wänden, und donnernd stürzten Steine und Steintrümmer
in den Burghof. In größter Bestürzung und betäubt von dem
unerhörten Getöse, lief alles in der Burg zusammen. Niemand in
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
TM Hauptwörter (100): [T37: [Friedrich Brandenburg Heinrich Herzog Sachsen Land Albrecht Kaiser Mark Johann], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T17: [Gott Herr Mensch Wort Leben Herz Welt Hand Vater Himmel], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite]]
TM Hauptwörter (200): [T97: [Heinrich Herzog Graf Erzbischof König Grafe Kaiser Stadt Herr Mainz], T131: [Licht Erde Sonne Körper Auge Himmel Bild Gegenstand Luft Wolke], T33: [Gott Liebe Mensch Herz Leben Volk Ehre Vaterland gute Zeit], T89: [Wasser Fluß Quelle Bach See Erde Boden Brunnen Land Ufer]]
Extrahierte Personennamen: Friedrich_I. Friedrich_I. Johann_von
Quitzow Johann Kaspar_Hans_von_Putlitz Wichard_von_Rochow Achim
von_Bredow Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich_Ernst Friedrich Ernst Plaue Dietrich_von_Quitzow Friedrich Friedrich
Extrahierte Ortsnamen: Brandenburg Golzow Friesack Friesack Burghof Burg
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der ganzen Mark hatte je etwas Ähnliches vernommen. Was mochte
es sein? — Es war die faule Grete, eine Kanone, welche Kugeln
von 24 Pfund schoß. Friedrich hatte sie aus Franken mitgebracht;
er besaß nur die eine. In der Mark war sie etwas ganz Neues.
Zwar hatte der Mönch Berthold Schwarz das Schießpulver schon
gegen das Jahr 1350 erfunden, und Dietrich selbst besaß einige
kleine Donnerbüchsen; aber von dieser Größe und von solcher Wirkung
hatte man hier noch keine gesehen. Da Friedrichs Kanone wegen
ihrer Schwere nur sehr langsam fortgeschafft werden konnte, so ward
sie von dem Volke die faule Grete genannt. — Es währte nicht
lange, so war die Mauer von Friesack an einer Stelle zertrümmert,
und man gab auf der Burg ein Zeichen, daß man sich ergeben
wollte. So wurde die Feste genommen. Dietrich von Quitzow fand
sich aber nicht mehr darin. Er hatte sich auf geheimen Pfaden ge-
flüchtet, diente späterhin bald diesem, bald jenem fremden Fürsten,
machte auch bisweilen noch feindliche Einfälle in die Mark, wobei
er unter andern die Stadt Nauen einäscherte, ist aber endlich, von
allen verlassen, beim Kloster Marienborn im Magdeburgischen ge-
storben. — Nun zog Friedrich mit der faulen Grete vor Plane,
worin sich Johann von Quitzow verteidigte. Obgleich die Burg
14 Fuß dicke Mauern hatte, und obgleich Johann wegen seiner
Tapferkeit und Verwegenheit nicht minder berühmt war als sein
Bruder Dietrich, so half das doch alles nichts. Die faule Grete
zertrümmerte die dicken Mauern, und Plaue fiel. Johann suchte
ebenfalls zu entfliehen, ward aber ergriffen und ins Gefängnis zu
Kalbe an der Saale gesetzt, wo er auch gestorben sein soll. — Nun-
mehr hatte Friedrich leichtes Spiel. Die anderen Verbündeten, von
denen Hans von Putlitz schon früher gefangen worden war, ergaben
sich und wurden späterhin begnadigt. Henning.
16. Der groste Kurfürst.
Das hervorragendste Ereignis in dem Leben des großen Kur-
fürsten war die Schlacht bei Fehrbellin. Als er nämlich im
Vereine mit anderen deutschen Fürsten gegen die Franzosen ins Feld
gerückt war, fielen die Schweden, durch den französischen König
Ludwig Xiv. dazu bewogen, in Brandenburg ein. Furchtbar waren
die Verwüstungen, die sie in den Ländern an der Havel anrichteten.
Der Kurfürst erfuhr diese Vorgänge mit tiefem Schmerze, doch ohne
sich dadurch in seiner Entschlossenheit beugen zu lassen. Durch einen
Brief ermahnte er die Brandenburger, nur noch eine Zeit lang ge-
duldig auszuharren; er werde bald kommen. Die Brandenburger
kamen seinem Wunsche nach. Tausende von Bauern rotteten sich zur
Notwehr zusammen und ließen ihre Fahnen wehen; auf den Fahnen
aber stand: „Wir Bauern sind von geringem Gut und dienen unserm
Kurfürsten mit Leib und Blut!" Der Kurfürst rückte nun rasch mit
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Berthold_Schwarz Friedrichs Quitzow Friedrich Friedrich Johann_von_Quitzow Johann Johann Johann Johann Friedrich Friedrich Hans_von_Putlitz Henning Ludwig
Autor: Schillmann, Hermann, Jütting, Wübbe Ulrich, Weber, Hugo, Lange, Karl
Auflagennummer (WdK): 6
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
26
15 000 Mann heran. Magdeburg wurde besetzt, ein schwedisches
Heer, das bei Rathenow an der Havel lagerte, durch eine List des
Feldmarschalls Derfflinger überrumpelt und zersprengt. Am
18. Juni 1675 stießen die Brandenburger bei Fehrbellin auf die
Hauptmacht der Schweden. Der Landgraf von Hessen-Homburg,
welcher die brandenburgische Vorhut führte, griff den Feind gegen
Befehl vorzeitig an; er kam dabei hart ins Gedränge und schickte
um Hilfe. Nun war ein rascher Entschluß nötig, es ward also gleich
Kriegsrat gehalten. Derfflinger war gegen die Schlacht. Der Kur-
fürst aber meinte: „Weil wir dem Feinde so nahe sind, so muß er
Federn oder Haare lassen." Da gab Derfflinger nach, und alsogleich
entwickelte sich auch die Schlacht. Anfänglich gerieten die Branden-
burger in Nachteil. Als dies der Kurfürst gewahrte, eilte er an den
gefährdeten Platz. Nach der Chronik glichen seine Augen „zween
funkelnden Kometen." Er stellte sich an die Spitze der Schwadronen
und rief: „Getrost, tapfere Soldaten, ich, euer Fürst und nun euer
Kapitän, will siegen oder ritterlich mit euch sterben." Dann ging
es vorwärts. Nun ritt der Kurfürst ein weißes Roß, daran er-
kannten ihn die Schweden und begrüßten ihn mit einem Hagel von
Kugeln. Sein Stallmeister Froben, der die Gefahr, in welcher
der Kurfürst schwebte, rasch erkannte, ritt herzu und sprach: „Herr
Kurfürst, ich sehe, Euer Schimmel ist scheu geworden; gebt ihn mir
und besteigt meinen Braunen." Kaum waren die Rosse gewechselt,
so sank der edle Froben, von einer Kugel getroffen, zur Erde.
Gleich darauf ward der Kurfürst von den Schweden, die mit oft
bewährter Tapferkeit fochten, umringt; aber neun brandenburgische
Reiter ließen ihre Klingen sausen und hieben ihn wieder heraus.
Noch eine Weile schwankte die Schlacht. Da nahm die branden-
burgische Reiterei, an deren Spitze die Gestalt Derfflingers hervor-
stach, einen wuchtigen Anlauf. Das brachte die Entscheidung: die
Schweden wankten, wichen, flohen. Anfangs fanden die Fliehenden
in Fehrbellin Schutz. Als man zu einer Beschießung der Stadt riet,
sagte der Kurfürst: „Ich bin nicht gekommen, mein Land zu ver-
wüsten, sondern es zu retten." Bald gelang es vollständig, die
Schweden aus dem Lande zu vertreiben. Mit der ihnen abgenom-
menen Kriegsbeute wurden die geplünderten Einwohner entschädigt.
Was dem Kurfürsten Friedrich Wilhelm aber zu noch höherem
Ruhme gereicht, als die vielen von ihm erworbenen Kriegslorbeeren,
das ist die weise Fürsorge, die er dem Wohlergehen seiner Unter-
thanen, überhaupt der inneren Entwickelung seines Reiches widmete.
So zog er aus der Schweiz und den Niederlanden tüchtige Kolonisten
ins Land, nahm die gewerbfleißigen Hugenotten, welche durch eine
schmachvolle Maßregel aus Frankreich verbannt waren, mit kluger
Bereitwilligkeit auf; ferner begünstigte er die Gewerbe und den
Handel, ja er schuf sogar eine kleine Flotte und erwarb an der
Küste Afrikas einen Kolonialbesitz, der später freilich wieder auf-
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Extrahierte Personennamen: Derfflinger Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
Autor: Schillmann, Hermann, Jütting, Wübbe Ulrich, Weber, Hugo, Lange, Karl
Auflagennummer (WdK): 6
Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
28
nun in aller Stille seine Massregeln traf. In dem Augenblicke, da der
Kronprinz sein Vorhaben ausführen wollte, wurde er verhaftet. Als
ihn die Wache vor den König brachte, geriet dieser so in Zorn, dass er
mit dem Degen auf ihn zustürzte, um ihn zu durchbohren. Der General
von der Mosel sprang dazwischen, hielt des Königs Arm zurück und rief:
,,Sire! Durchbohren Sie mich, aber schonen Sie Ihres Sohnes!11
Bald darauf safs Friedrich, den der König von jetzt an nur den
entlaufenen Fritz nannte, im engen Gefängnis zu Küstrin. Ein
hölzerner Schemel war sein Sitz, der Fufsboden sein Bett, ganz magere
Kost seine Nahrung. Keith hatte vom Kronprinzen noch zur rechten
Zeit einen Zettel erhalten mit den Worten: „Betten Sie sich, alles ist
entdeckt !u und war glücklich nach England entkommen. Der arme Katte
aber wurde in Berlin verhaftet, als Deserteur zum Tode verurteilt und
in Küstrin vor den Augen des Kronprinzen enthauptet. „ Verzeihung,
teurer Katte !1‘ rief weinend der Gefangene aus seinem Fenster dem Un-
glücklichen zu. „Der Tod für einen solchen Brinzen ist süss“, gab
dieser zur Antwort.
Der König wütete nun gegen alle, die dem Kronprinzen nahe
standen und liess ihn selber durch ein Kriegsgericht zum Tode verurteilen.
Da rief der alte General Buddenbrock: „Wenn Ew. Majestät Blut wollen,
so nehmen Sie meins; das des Kronprinzen bekommen Sie nicht, so-
lange ich noch reden darf!“ Ebenso sprach der Fürst von Dessau, und
der Kaiser liess dem Könige durch seinen Gesandten sagen, der Kronprinz
dürfe nur auf einem Reichstage gerichtet werden. Als der König er-
ividerte, dass er über seinen Sohn in Königsberg Gericht halten werde,
wo niemand über ihm stehe, sagte der Probst Reinbeck: „Niemand als
Gott, und dem werden Ew. Majestät über das Blut Ihres Sohnes
Rechenschaft geben müssen.“ Bei diesen Worten wurde der König nach-
denklich und sprach nicht mehr von der Todesstrafe.
Friedrich blieb jetzt in Küstrin und wurde anfangs so strenge ge-
halten, dass er nicht einmal Licht in seinem Kerker brennen durfte.
Die religiösen Gespräche, die er täglich mit dem Feldprediger Müller
hielt, machten einen so lebhaften Eindruck auf ihn, dass er in einem
Briefe an seinen Vater sein Unrecht bekannte und in den demütigsten
Ausdrücken um Verzeihung bat. Jetzt versprach ihm der König Be-
gnadigung, wenn er eidlich geloben wolle, sich ivegen des Vorgefallenen
an keinem Menschen zu rächen und künftig in allen Stücken seinem
Vater gehorsam zu sein. Nachdem Friedrich diesen Eid in Gegenwart
mehrerer Minister und Generale abgelegt hatte, erhielt er Orden und
Degen zurück, musste aber noch mehrere Jahre in Küstrin als Kriegs-
rat arbeiten. Das that Friedrich mit grossem Fleifse und lernte die
Regierungsgeschäfte gründlich kennen. Am Vermählungstage der Prin-
zessin Wilhelmine liess ihn der Vater heimlich kommen, trat plötzlich
mit ihm in den Speisesaal und führte ihn der hochbeglückten Mutter
mit den Worten in die Arme: „Da ist der Fritz!“ Bald darauf übergab
er ihm ein Regiment und kaufte ihm noch das Lustschloss Rheinsb er g.
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Extrahierte Personennamen: Friedrich Friedrich Fritz Keith Buddenbrock Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Friedrich Wilhelmine Fritz!
Extrahierte Ortsnamen: England Berlin Küstrin Dessau Königsberg Küstrin Lustschloss_Rheinsb